Jahr 2003


SZ-online, 16. April 2003

Schöne Aussichten im Elbland

Olympia 2012 soll Riesa zu wesentlich mehr Einwohnern und Dresden zu einem großen Fußballstadion verhelfen / Moritzburg und Umgebung erwarten volle Hotels

Von Ulf Mallek

Der Mann sitzt da, raucht und schaut besorgt aus. Weshalb jubelt er nicht? Er müsste doch unentwegt mit den Händen auf seine Schenkel schlagen und dabei rufen: Hurra, ich habe gesiegt! Ich hole die Olympiade gegen den Widerstand der ewigen Nein-Sager nach Riesa! Wolfram Köhler, 35 Jahre alt und nach der Münchner Olympia-Entscheidung für Leipzig auf dem vorläufigen Höhepunkt seiner Popularität, sagt das aber
nicht, sondern nur: "Es wird schwierig." Er rechne, lässt er verstohlen durchblicken, mit einer Chance von nur zehn Prozent, dass in Riesa 2012
Olympia-Fahnen wehen werden. Wer braucht schon drei neue Hallen? Köhler, der Pfiffikus, hat einen Grund für diese nachdenklichen Worte. Die Sportstadt Riesa ist zu klein. Geht der Trend so weiter, leben im Olympia-Jahr 2012 nur noch 33 000 Leute dort. Heute sind es rund 5 000 mehr. Natürlich, der Freistaat wird die Autobahn von Leipzig nach Nossen sechsspurig ausbauen. Die vierspurige Anbindung der Stadt Riesa hängt auch nicht von der Geburtenfreude ab. Selbst Köhlers Idee, einen ICE-Zug vom Olympischen Dorf in Leipzig direkt ins Riesaer Sportzentrum hin einfahren zu lassen, ist ohne weiteres möglich. Das sind knapp 28 Minuten Zugfahrt für
 die Athleten. Die Kosten würden sich in Grenzen halten, da die Schienen größtenteils schon da sind. All das ist ohne Probleme zu schaffen. Aber, sagt  Köhler, das IOC prüft bei jeder Investition, ob sie auch nach den Olympischen Spielen noch sinnvoll ist. Wer braucht später drei neue Sporthallen in einer Kleinstadt? "Riesa", sagt der Oberbürgermeister, "muss wachsen." Es habe nur eine Chance, wenn es sich zum vierten Oberzentrum im Dreieck Dresden ? Leipzig ? Chemnitz entwickele. Im Klartext: Köhler will die Eingemeindung von Zeithain, Nünchritz, Gröditz, Strehla, Hirschstein, Seerhausen, vielleicht auch Glaubitz und sehr gern Oschatz. Das ergäbe dann 80 000 Einwohner, ein Groß-Riesa, ein Zwerg, der den sächsischen Riesen bis auf Nabelhöhe heranwachsen würde. "Tokio zum Beispiel hat zwei Zeitrechnungen", sagt Köhler, "eine vor Olympia und eine danach." In Riesa werden die Uhren ebenfalls neu eingestellt. Diese Chance kommt nicht wieder. Wenn sie versiebt wird, sei der Region nicht mehr zu helfen. "Wir müssen unsere Differenzen überwinden und auch diese Kleinstaaterei."
Oberster Fußballer verschenkt ein Spiel
Selbst in der feinen Landeshauptstadt, die sich in den letzten 13 Jahren um den Sport herzlich wenig gekümmert hatte, sind plötzlich markige Worte zu hören. Oberbürgermeister Ingolf Roßberg (FDP) will im Ostra-Gehege einen Olympia-Park einrichten. Kernstück soll ein 150 Millionen Euro teures Fußball-Stadion sein, das reichlich 35 000 oder gar 40 000 Zuschauer fasst und den Namen Helmut Schön tragen könnte. Daneben könnte eine Sportarena für 10 000 Zuschauer gebaut werden. Eine Machbarkeitsstudie existiert bereits. Wo das Geld herkommt, weiß keiner. DFB-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder hat den Sportgewaltigen am Montag in Dresden signalisiert, dass er zwar kein Geld für den Bau hat, aber darum bitten kann und gern zur Stadioneröffnung der Stadt Dresden ein Länderspiel schenken möchte. Deutschland gegen Italien vielleicht. Oder eher gegen die Faröer Inseln? Außerdem, sagte der oberste Chef von über sechs Millionen organisierten Fußballern, möchte er selbst dieses Spiel in Dresden gern noch erleben. Mayer-Vorfelder ist 70.
"Er hat uns Tipps gegeben, wie wir das Geld zusammenbekommen", sagt OB Roßberg. Offenbar gilt sein Wink der Großindustrie. Wenn es in Hamburg eine AOL-Arena gibt, warum nicht auch in Dresden ein Volkswagen-Stadion oder ein Infineon-Sportfeld? Roßberg wird in den nächsten Wochen eine Investoren-Ausschreibung starten: "Dann bekommen wir Angebote und werden genau rechnen, ob wir uns das leisten können."
Der Dresdner CDU-Landtagsabgeordnete Lars Rower steht dieser Idee skeptisch gegenüber. Was soll Dresden mit solch einem großen Stadion? "Das wird nach den Olympischen Spielen ja nie wieder richtig voll", sagt er. Rausgeschmissenes Geld. Für 40 bis 45 Millionen Euro ließe sich das Steyer-Stadion umbauen. Nach den aktuellen Plänen Dresdens soll es aber wegen Baufälligkeit und Flutgefahr abgerissen werden. Deshalb erhält der Dresdner SC im Ostragehege zunächst ein Ersatz-Fußballfeld für rund 5 000 Zuschauer. Fest eingeplant ist eine neue Eishalle, die 15 Millionen Euro kosten soll.

Es fällt auf, wie milde die sächsischen Sportgewaltigen mit der Dresdner Stadtregierung umgehen. Böse Worte fallen nicht. Ingolf Roßberg habe seinen Job getan. Dass Dresden keine Olympia-Chance hatte, war jedem bekannt. Die alte Rathaus-Mannschaft unter OB Herbert Wagner galt als sportlich desinteressiert. Das ändert sich schon, sagt der heutige Oberbürgermeister. Allenfalls, dass Dresden immer noch kein Sportkonzept hat, monieren Dietmar Haßler vom Olympia-Verein und der Vorsitzende der Deutschen Olympischen Gesellschaft Jürgen Löffler.
Von konstruierten Gegensätzen zwischen Leipzig und Dresden will niemand etwas wissen. "Unsinn", sagt Olympia-Vorsitzender Löffler. "Dresden profitiert von den Olympischen Spielen. Es kommen einfach mehr Touristen." Selbst Riesas OB Köhler erwartet goldene Zeiten für die Landeshauptstadt: "Alle wollen die Frauenkirche sehen. Sie ist ein Symbol von Weltgeltung. Das hat nur Dresden." Olympia, da ist sich Köhler sicher, könnte sogar einen Dresden-Boom auslösen.
Künstler, habt keine Angst vor dem Sport
Tatsächlich will die Landeshauptstadt diese Idee mit einer Kulturolympiade voranbringen. Was das genau ist, weiß zwar noch niemand, aber alle Künstler sind aufgerufen mitzumachen. "Sie dürfen keine Angst vor dem Sport haben", sagt der Abgeordnete Rower. "Sie müssen sich beteiligen."Oberbürgermeister Roßberg erkennt gar eine Symbiose: Leipzig brauche Dresden und umgekehrt. "Wir sind die Kulturmetropole", sagt er. "Das ist unser Alleinstellungsmerkmal." Damit Leipzig im nächsten Jahr vom IOC den Kandidatenstatus erhält, ist ein Schulterschluss nötig.Die Aufregung auf dem Land, in der Gemeinde Moritzburg, hält sich indes in Grenzen. Dass die olympischen Reitwettkämpfe dort stattfinden und nicht in Dresden-Seidnitz, war Wunsch der Reiter selbst. Zudem kann die Gemeinde mit dem Landesgestüt einen Nachnutzer präsentieren. Demnächst wollen die Moritzburger internationale Verbandsgewaltige einladen, um mit ihnen durch die Landschaft zu spazieren. So ist am besten zu ermitteln, wo die Gemeinde noch Flächen kaufen muss. Dass der Bürgermeister Georg Reitz nach einer Krankheit erst Ende des Monats zurückkehrt, ist nicht weiter schlimm. "Er bekommt das hin", sagt Ulrich Reusch, der Sportabteilungsleiter im Kultusministerium. Um die Straßen muss er sich kaum Sorgen machen. Die Pläne liegen bereit.
Der eigentliche Gewinner des Olympia-Fiebers im Elbland sind die Hoteliers und der Fremdenverkehr. "Allein die Olympia-Diskussion bringt uns
neugierige Gäste und damit bares Geld", sagt Elbland-Tourismuschef Udo Niehoff. Zudem wohnen die olympischen Reiter nicht im Olympischen Dorf, sondern bei ihren Pferden in örtlichen Herbergen. "Bis Meißen und Gröditz werden die Hotels restlos belegt sein", prophezeit Reusch.
Auch diese schöne Aussicht macht die Bewohner des Elblandes zu begeisterten Olympia-Fans.


Sächsische zeitung, 16.April 2003

Hoffnung auf fliegende Bälle

Bürgermeister müht sich um weitere Olympia-Disziplin und verlangt neue
Prioritäten in der Politik Nach der Entscheidung für die mitteldeutsche Olympiabewerbung fordert Sportbürgermeister Winfried Lehmann (CDU) neue politische Akzente. Um Dresden als Sportstadt voranzubringen, müssten andere Schwerpunkte gesetzt werden.

Herr Bürgermeister, das Votum für Leipzig und andere mitteldeutsche Städte ist gefallen. Was sind die nächsten Schritte?
Im Mai wird es voraussichtlich in Lausanne eine Konferenz mit den bis dahin nominierten Kandidaten-Städten geben. Dort sollen die Richtlinien für die Bewerbung beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC) erläutert werden.

Was bedeutet das für Dresden?
Wir hoffen auf Änderungen. Derzeit sieht es so aus, als ob außer Fußball und Tennis keine andere olympische Sportart in der Stadt ausgetragen wird.Falls die Bewerbung noch umgekrempelt werden kann, wollen wir uns um die Ausrichtung von Volleyballspielen bemühen.

Welche Sportstätten müssen noch gebaut werden?
In jedem Fall ein Stadion an der Stelle der Steyer-Spielstätte im Ostragehege. Bis jetzt liegt eine Machbarkeitsstudie für eine bis zu 40 000
Zuschauer fassende Arena vor. Sollte Volleyball an der Elbe ausgetragen werden, gibt es die Option für eine an das Stadion angrenzende Halle für 10.000 Zuschauer. Aber Dresden wird das nicht allein finanzieren können. Dennoch müssen wir handeln und einen Finanzierungsplan sowie rasch eine Ausschreibung vorlegen.

Was wird aus dem Rudolf-Harbig-Stadion?
Ich bin dafür, es als Dynamo-Spielstätte zu erhalten. Es sollte für die zweite Liga tauglich gemacht werden. Für Länderspiele ist es aber ungeeignet.

Wie sieht es mit Fördermitteln aus?
Die werden erst ab dem übernächsten Jahr verteilt, wenn der Austragungsort für die Spiele 2012 feststeht. Dann gibt es Geld für die Sportanlagen aus den Töpfen des IOC und ? sollte Leipzig den Zuschlag erhalten ? denen von Bund und Land. Die geschätzten Kosten für die geplanten Bauten sowie die Verkehrsanbindung belaufen sich auf knapp 130 Millionen Euro. Zwischen 2006 und 2011 will sich die Stadt daran mit insgesamt 12,8 Millionen Euro beteiligen.

Ist Dresden eine Sportstadt?
Wir wollen wieder diesen Ruf erreichen. Aber derzeit ist die Stadt noch nicht so weit. Wenn wir so weitermachen wie bisher, kommen wir nicht voran. Leipzig und Riesa haben in der Vergangenheit auch finanziell andere Prioritäten zu Gunsten des Sports gesetzt. Das ist auch in Dresden nötig.

Schadeten Krawalle bei Dynamo-Spielen der Stadt?
Das schadet dem Sport immer. Doch mit Fanprojekten und einer Partnerschaft zwischen Vereinen, der Polizei und der Stadt bekommen wir das in den Griff. Wir sind auf einem guten Weg.

Gespräch: Thilo Alexe

BILD, 15. April 2003
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MV-Dresden brauch ein neues Stadion
(von Steffen Hofmann)
"Fußball lebt nicht nur von Traditionen", sagte DFB-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder gestern in Dresden. „Sondern vor allem von einem vorzeigbaren Stadion."
Dynamo feiert 50. Geburtstag - und der DFB-Boss höchstpersönlich kam gratulieren. Im Harbig-Stadion stellte MV erst mal fest: „Hier hat sich ja seit der Bundesliga gar nichts getan. Dresden braucht unbedingt ein neues Stadion." Recht hat er!
Mayer-Vorfelder versprach OB Ingolf Roßberg: „Wenn Dresden eine Arena mit mindestens 40000 Sitzplätzen baut, bekommt die Stadt zur Eröffnung ein Länderspiel."
Zur Zukunft von Dynamo sagte MV: „Der Verein darf nicht ewig in der Regionalliga bleiben." Ironie des Schicksals: Mayer-Vorfelder war 1995 für den Zwangs-Abstieg der Schwarz-Gelben mitverantwortlich.
„Wir konnten damals nicht anders entscheiden", verteidigte er die drastische Strafe. „In der Vergangenheit wurden mache Fehler gemacht. Aber der Weg der Besserung ist zu erkennen."
An das Europapokalspiel in der Saison 1988/89 mit dem VfB Stuttgart in Dresden (1:1) erinnert sich der damalige VfB-Boss dagegen gern - und das nicht nur, weil die Schwaben ins EC-Finale einzogen. MV: "Ich habe einen Ausflug in die sächsiche Schweiz gemacht. Auf dem Weg dorthin waren viele Häuser Schwarz-Gelb beflaggt. Das hat mich extrem begeistert."

SZ, 15.April 2003

Plädoyer für neue Arena
DFB-Boss Mayer-Vorfelder wünscht Dynamo Beständigkeit für die nächsten 50 Jahre

Gerhard Mayer-Vorfelder, Präsident des Deutschen Fußball-Bundes, traf sich gestern vor dem Festakt zum 50-jährigen Bestehen des 1. FC Dynamo Dresden mit der Klubführung und Oberbürgermeister Ingolf Roßberg. Im Pressegespräch äußerte er sich zu den Aussichten für den Dresdner Fußball.

Herr Mayer-Vorfelder, Sie waren als Präsident des VfB Stuttgart in Dresden. Welchen Eindruck haben Sie diesmal gewonnen?
Was heute sofort ins Auge springt, ist die Tatsache, dass sich an dem Stadion nichts verändert hat. Es ist nach wie vor in einem sehr schlechten Zustand und kann nicht als sehr zukunftsträchtig angesehen werden. Ich habe aber mit Freude zur Kenntnis genommen, dass die Vereine im Gespräch sind und sich bei der Stadt etwas bewegt.

Wie kann der Deutsche Fußball-Bund das unterstützen?
Aus meiner Sicht ist es wichtig, dass es im Osten neben Rostock und Leipzig, wenn das neue Zentralstadion fertig ist, einen dritten Standort gibt, an dem Länderspiele ausgetragen werden können. Auf alle Fälle kann ich ein Länderspiel zur Eröffnung versprechen. Natürlich hängt es von der Stadiongröße ab, wie hochkarätig der Gegner ist. Für eine namhafte Mannschaft sollte es schon 40 000 Sitzplätze haben. Der Verband kann zwar keine finanzielle Hilfe geben, aber ich muss mich auch nicht innerlich dazu zwingen, um beim Freistaat Sachsen oder der Bundesregierung den Einfluss des DFB geltend zu machen, ein Stadion-Projekt in Dresden zu fördern.

Sehen Sie noch Chancen, dass Dresden durch eine Hintertür Zugang zur WM 2006 kriegt?
Dieser Zug ist abgefahren. Wir hatten uns als DFB bemüht, eine 13. Stadt ins Boot zu bekommen. In Frage gekommen wären Düsseldorf, Mönchengladbach und Bremen. Aber das ist von der Fifa abgelehnt worden. Auch wenn mit 36 statt 32 Mannschaften gespielt werden würde, was ich für unwahrscheinlich halte, wäre ein zusätzlicher Austragungsort kein Thema.

Wie beurteilen Sie die Aussichten für Dynamo Dresden?
Es ist klar, dass dieser Verein den Willen hat und auch die Sehnsucht verspürt, weiter nach oben zu kommen und nicht ewig in der Regionalliga zu bleiben. Aber: Die Bundesliga ist nicht durch einen Gnadenakt des DFB zu erreichen, sondern nur durch sportliche Leistung. Dynamo hat in der Vergangenheit Fehler gemacht. Jetzt ist der Weg der Besserung klar zu erkennen. Eines ist klar: Allein von der Tradition kann der Verein nicht leben. Die äußeren Bedingungen müssen stimmen. Dazu gehört ein Stadion und ein wirtschaftliches Umfeld, dass den Klub unterstützt und trägt.

1995 verfügte der DFB für Dynamo mit dem Lizenzentzug den Zwangsabstieg in die Regionalliga. War das – auch angesichts des Beispiels Kaiserslautern – aus heutiger Sicht eine zu harte Entscheidung?
Ich habe die Entscheidung damals mitgetragen und stehe auch dazu. Kaiserslautern ist ein anderes Kapitel. Darüber hatte die Deutsche Fußball-Liga zu befinden. Was Dynamo angeht, so blieb dem DFB nichts anderes übrig. Nach dem Punktabzug setzte sich die negative Entwicklung leider fort. Ich habe das sehr bedauert, weil ich gesehen habe, dass dadurch wieder ein weißer Fleck auf der Fußball-Landkarte der neuen Länder entsteht.

Als Präsident des VFB Stuttgart waren Sie 1989 zum Europapokal-Halbfinale in Dresden. Woran erinnern Sie sich noch?
Ich habe damals einen Ausflug in die Sächsische Schweiz gemacht, und auf der Rückfahrt waren die Häuser gelb-schwarz geflaggt – wie bei einem Staatsempfang. Für die Menschen hier ist Fußball – ähnlich wie im Ruhrgebiet – so etwas wie ein Religionsersatz. Und wenn ich die Zuschauerzahlen von Dynamo in der Regionalliga sehe, die an der Obergrenze der zweiten Liga liegen, beweist das: Diese Basis ist immer noch da. Es gibt wenige Regionen, wo die Anhängerschar über eine so lange Durststrecke hinweg treu bleibt. Das sollte die Stadt bei ihren Entscheidungen berücksichtigen.

Was wünschen Sie zum 50.?
Dass der Klub keine Fehler mehr macht, sich weiter konsolidiert, den Optimismus bewahrt und durch Beständigkeit unterlegt für weitere 50 Jahre. Dann kann er sicher wieder an die großen Tage anknüpfen, die dieser Verein schon erlebt hat.

Das Gespräch notierte Sven Geisler.
 

SZ, 15.April 2003

Wir wollen den Schwung nutzen“

Kultur-Olympiade geplant / Neubau von Sportstätten / Verein wirbt Mitglieder
Von Bettina Klemm

Die Mitglieder des Dresdner Olympia-Vereins schmiedeten gestern bereits Pläne, wie die nächste Hürde im Bewerber-Marathon für Olympia 2012 zu nehmen ist. So plant Dresden eine Kultur-Olympiade und treibt den Bau von Sportstätten voran. Kommen die Spiele nach Sachsen, sollen in Dresden bisher nur Wettkämpfe in Tennis, Fußball und Reiten (in Moritzburg) ausgetragen werden. Noch hofft die Stadt, auch im Volleyball mitmischen zu dürfen. Doch da Dresden ohnehin in Sachen Sport höchstens die zweite Geige spielt, will es mit seinen Pfunden auf anderen Gebieten wuchern: Internationale Künstler sollen nach Dresden kommen und eine Kultur-Olympiade austragen. Das wird nicht nur Sportbegeisterte, sondern auch zahlreiche Touristen anlocken.

Vor der Kür steht bekanntlich die Pflicht. Und da hat Dresden noch viel zu tun. Die meisten Sportstätten sind in einem bedauernswerten Zustand. Nun kommen gleich zwei Elemente zusammen: Es gibt Geld, um die Flutschäden zu beseitigen, und Fördermittel für die Olympia-Bewerbung. Das will Oberbürgermeister Ingolf Roßberg (FDP) nutzen, um beispielsweise das Ostragehege zum Dresdner Olympia-Park zu gestalten. Der Nachwuchs bekommt schon einmal bessere Bedingungen, denn der Bau einer Sportschule ist beschlossene Sache. Am 24. April beraten Stadtratsausschüsse über den Bau einer Eishalle für etwa 20 Millionen Euro.
Neben Plänen für ein Olympia-Stadion gibt es weitere für den Bau eines kleineren Fußballstadions für den DSC Fußball-Verein. „Dazu ist eine Fläche unmittelbar hinter der Messe vorgesehen“, sagt Ulrich Finger vom Büro des Oberbürgermeisters. Das Fußballfeld soll mit einer Fläche von 110 mal 70 Meter das bisher größte in Dresden werden. Zunächst sind 5 000 Zuschauerplätze geplant, die Anzahl kann aber in einem zweiten Bauabschnitt verdoppelt werden. Der Bau des Stadions, das mit Solaranlagen und Rasenheizung ausgestattet wird, kostet etwa vier Millionen Euro. Im Sommer 2004 soll es fertig sein.

„Wir müssen den Schwung und die Begeisterung ausnutzen“, sagt Dietmar Haßler. Er ist Mitglied im Dresdner Olympia-Verein, der mit Plakaten, Aufklebern und Veranstaltungen dazu beigetragen hat, die Begeisterung für die Spiele auch in Dresden zu stärken.
95 Firmen und 150 Einzelpersonen gehören zum Verein. „Ich hoffe, dass wir nun, nachdem Leipzig und Partner deutscher Bewerber wurden, mehr Mitstreiter finden. Denn jetzt kommt die Phase zwei, in der wir Voraussetzungen für die Spiele schaffen müssen“, sagt Dietmar Haßler. Er fordert, dass der Sport in Dresden endlich eine höhere Priorität erhält. Es gibt noch nicht einmal ein beschlossenes Sportkonzept. Haßler: „Darauf warten wir schon seit 1990.“

Dresdner Neueste Nachrichten, 15.April 2003

Dresden soll Länderspiel bekommen

Dresden. Das Festwochenende zum 50-jährigen Bestehen von Dynamo Dresden ging gestern Abend mit einem großen Empfang zu Ende. Viele ehemalige Spieler und Trainer waren der Einladung des Klubs ins traditionsreiche "Cafè Prag" am Altmarkt gefolgt, gespannt vor allem auf das Ergebnis der Wahl des Dynamo-Dream-Teams aller Zeiten. Als Festredner und Ehrengast trat Gerhard Mayer-Vorfelder auf, seines Zeichens Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB).

Doch "MV" war nicht an die Elbe gekommen, um nur die Jubiläumsparty mit seiner Anwesenheit aufzuwerten und nette Glückwünsche auszusprechen. Schon am Nachmittag stellte er im Rathaus die Frage, wann Dresden endlich ein modernes Stadion erhält. Sein Fazit der Unterredung hörte sich gar nicht so schlecht an: "Die Stadt bewegt sich. Sie will dort eine Entscheidung treffen." Der langjährige Präsident des VfB Stuttgart, der früher auch Finanzminister von Baden-Württemberg war, machte den Stadtvätern zugleich noch einmal deutlich: "Es ist wichtig, dass sie rasch getroffen wird." Der DFBwürde es gern sehen, wenn neben Rostock und Leipzig ein drittes Stadion in den neuen Ländern die Austragung von Länderspielen möglich macht. Auch Dynamo-Präsident Jochen Rudi, der im Rathaus dabei war, schien zufrieden: "Es hat sich heute gezeigt, dass die Stadt wirklich mit Nachdruck arbeitet."

Die Rückkehr ins Harbig-Stadion vorab, wo sein Verein gegen Dynamo im Uefa-Cup-Halbfinale gespielt und später in der Bundesliga "Punkte manchmal brav abgeliefert" hat, war dem hochrangigen Gast schon etwas aufgestoßen: "Was heute ins Auge sticht ist, dass sich das Stadion nicht verändert hat." Umso mehr habe Mayer-Vorfelder dann mit Freude zur Kenntnis genommen, dass das nicht so bleiben soll. "In der Diskussion über die Größe eines Neubaus gab er zu bedenken, dass ein großes Stadion mit 40 000 Zuschauern die Chancen, Länderspiele gegen namhafte Gegner zu erhalten, erhöhe. Der DFBwolle seine Möglichkeiten nutzen, die Stadt bei diesem Vorhaben zu unterstützen. Hoffnungen auf finanzielle Mittel aus Frankfurt wollte er aber nicht wecken: "Der DFB kann ja nicht Einzelstädte unterstützen. Stadionbau ist eine kommunale Aufgabe." Das Einzige, was er OB Ingolf Roßberg konkret versprechen konnte, ist, dass zur Eröffnung des neuen Fußball-Tempels ein Länderspiel nach Dresden kommt.

An die Adresse der hiesigen Klubs gerichtet, die sich ja nicht immer ganz grün in der Vergangenheit waren, betonte der Chef des weltgrößten Sportfachverbandes: "Wichtig ist, dass es keinen Streit zwischen den Vereinen gibt. Ich warne vor Zuständen, wie sie in Leipzig herrschen. Ich halte es für ausgeschlossen, dass die Stadt zwei Stadien baut."

Auch wenn Leipzig in dieser Beziehung in den letzten Monaten keinen guten Eindruck hinterlassen hat, sagte der Schwabe, dass die Messestadt eine gute Wahl als deutscher Bewerber für Olympia 2012 sei. Zwar hatte der oberste Fußball-Boss imLand im ersten Wahlgang für seine Heimatstadt Stuttgart gestimmt, dann aber für die Sachsen votiert. Er halte das Ergebnis von München für eine "sehr gute, eine gesamtdeutsche Entscheidung". Die Chancen auf internationalem Parkett sah er nicht so schlecht. Leipzig mit seinen Jahrhunderte alten kulturellen und sportlichen Traditionen habe Pfunde, mit denen es wuchern könne. Den international vielleicht weniger bekannten Namen sah er nicht als großes Problem an: "Wenn der hier und da vergessen worden ist, dann muss er eben wieder blank poliert werden."

Etwas vom alten Glanz wünschte das NOK-Mitglied auch Dynamo. Zwar verwechselte er bei der Ansprache Dynamo Dresden mit Dynamo Berlin, doch meinte er die Schwarz-Gelben, die ein wenig irritiert dreinschauten und verständnislos murrten. Indes machte der Funktionär, der 1995 an der Entscheidung, dem hochverschuldeten und vorbestraften Verein die Bundesliga-Lizenz zu entziehen, beteiligt war und sie nochmals als unausweichlich verteidigte, klar, dass die Rückkehr nach oben "nicht durch einen Gnadenakt des DFB, sondern nur durch sportliche Leistung" geschehen könne. Es bestehe aber durchaus die Chance, an erfolgreiche Zeiten anzuknüpfen. Mayer-Vorfelder wünschte dem Verein: "Dass er keine Fehler mehr macht in der Zukunft, sich konsolidiert und seinen Optimismus bewahrt." Der Weg der Besserung sei klar erkennbar, das Fanpotenzial mindestens zweitligareif. "Es gibt nicht viele Vereine, die eine so lange Durststrecke überstehen", meinte "MV" anerkennend.

Mit Matthias Sammer, Hans-Jürgen Dörner und Reinhard Häfner fielen dem Gastredner drei Spieler ein, die er für das Dynamo-Dream-Team aller Zeiten vorgeschlagen hätte. Alle drei wählten auch die 4080 Dynamo-Fans, die ihre Stimme per Postkarte abgaben. Nur wenige Stimmen fehlten Claus Boden (Tor), Andreas Trautmann (Abwehr), Hans-Uwe Pilz (Mittelfeld) und Torsten Gütschow (Sturm) zur "Anfangself". Bei den Trainern erhielt Eduard Geyer die meisten Stimmen nach dem verstorbenen Walter Fritzsch. Ein Großteil der Wunsch-Elf war am Abend auch zugegen. Matthias Sammer, Ulf Kirsten und Ralf Minge hatten schon vorher absagen müssen.
Jochen Leimert
 

Dresdner Neueste Nachrichten, 14. April 2003

Dresden wirbt mit "geklautem" Plan

Dresden. Dresden wirbt mit tollen Olympiasportstätten im Ostragehege in denLeipziger Bewerberunterlagen: Da sieht man auch ein rechteckiges Heinz-Steyer-Stadion mit Säulen, daneben die Arena Dresden und ein Forum als freier, begrünter Bereich. So weit, so schön. Nur: Die Stadtverwaltung Dresden hat offenbar den Plan für diese Kombination aus Stadion und Arena Dresden - besser bekannt als Rau-Halle - weitergegeben, ohne dass der Urheber, der Berliner Projektentwickler Ralf Rau, davon wusste. "Ja", bestätigt Rau gegenüber DNN. Das sei in der Tat sein Modell. Dresden werbe hier im Prinzip mit einem "gestohlenen Plan". Er habe sich absichtlich zurück gehalten und den Fall nicht an die große Glocke gehängt, um die Bewerbung der Stadt Leipzig nicht zu gefährden. Auf eine Anfrage an die Stadt, wie diese peinliche Panne passieren konnte, warte er inzwischen fast ein Jahr. Mit dem Leipziger Bewerberchef für Olympia, Dirk Thärichen, habe er abgeklärt, dass es sich tatsächlich um seinen Plan handele.Thärichen selbst war gestern nicht erreichbar.
Dass Rau sich bislang so vornehm zurückhält und die Stadt Dresden nicht verklagt, hat einen trifftigen Grund: Immer noch spekuliert der Projektentwickler darauf, eine Mehrzweckhalle im Ostragehege verwirklichen zu können. Deshalb will er es sich - noch - nicht mit der Stadt verscherzen. "Ich bin begeistert, dass Leipzig den Zuschlag bekommen hat. Wir können unseren Beitrag dazu mit der Arena Dresden leisten", wirbt Rau in versöhnlichem Ton, obschon ihn die Stadt sei Jahren hinhält. Auf die Frage, ob er einen Anwalt wegen der geklauten Pläne eingeschaltet habe, entgegnet er lapidar: "Kein Kommentar!" Bei der Stadt waren gestern weder Sportbürgermeister Winfried Lehmann (CDU) noch Sportamtschef Raphael Beckmann für eine Stellungnahme erreichbar.
Ralf Redemund 

sz-online, 1.April 2003 -  Der lokale Aprilscherz....

Künftig  Kleingärten im Harbig-Stadion?

Die Zukunft von Dresdens Fußball-Kultstätte, dem Rudolf-Harbig-Stadion, ist ungewiss. Öfter stuften zuletzt Platz-Kommissionen des Fußball-Verbandes und Sportamts-Mitarbeiter das  einst als heiliger Rasen gepriesene Geläuf als unbespielbar ein. Zahlreiche Auftritte der Kicker von FV Laubegast, Dresdner SC und Dynamo im Winterhalbjahr  machten aus dem Schmuckstück an der Lennéstraße einen grauen und holprigen Acker.

Eine neue Nutzung soll das Dilemma beenden. Konkret: Das Areal,  auf dem sich Europas Fußball-Elite tummelte, wird Kleingarten-Kolonie. Viele Dresdner hatten bei der Flut im August ihre Sparten eingebüßt. Noch ist aber unklar, wie groß die Parzellen in bester Innenstadtlage ausfallen. Offen ist  zudem, ob Inhaber der Dynamo-Card oder langjährige treue Fans des Vereins bei  der möglichen Versteigerung bevorzugt werden. (SZ/am)